Temporärarbeit ist nicht prekär!

Die neue Seco/Ecoplan-Studie über atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse bestätigt mit stupender Klarheit, dass Temporärarbeit nicht mit prekärer Arbeit gleichgesetzt werden kann. (Nur) 3,3% aller Erwerbstätigen sind gemäss dieser Studie in sog. atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Davon arbeitet nur ein verschwindend kleiner Teil temporär.

Die Studie kommt ausserdem zum sehr erfreulichen Befund, dass am Schweizer Arbeitsmarkt eine hohe Durchlässigkeit vorhanden ist. Gut 60% der Personen, die aus der Erwerbslosigkeit ein atypischprekäres Arbeitsverhältnis eingehen, wechseln anschliessend in ein Normalarbeitsverhältnis. Damit bestätigt die Studie, was swissstaffing in eigenen Studien auch im Bereich der Temporärarbeit beobachtet hat: Der Schweizer Arbeitsmarkt wirkt integrativ. Auch temporär Arbeitende, die diese Arbeitsform mangels Alternativen gewählt haben und lieber unbefristet angestellt wären, finden die erwünschte Festanstellung in der Hälfte der Fälle bereits innert Jahresfrist.

Bei aller Freude über die Studienergebnisse hat swissstaffing aber auch gewisse Kritik am Bericht zu üben: Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Begriff „prekär" suggeriert eine Objektivität, die in keiner Weise vorhanden ist. Die Autoren der Studie definieren atypisch-prekäre Arbeitsverhältnisse als Jobs, die mit einer gewissen (zeitlichen, ökonomischen und/oder Schutz-bezogenen) Unsicherheit für den Arbeitnehmer verbunden sind, ohne dass dieser ausreichend dafür abgegolten wird. swissstaffing kann diese Definition grundsätzlich nachvollziehen. Doch die Frage, wie viel „ausreichend" ist, kann nicht objektiv beantwortet werden. Der Ecoplan-Bericht zieht dafür eine in der – nota bene politischen! – Diskussion immer wieder verwendete Orientierungsgrösse heran, nämlich 60% des Medianlohns. swissstaffing ist es daran gelegen, der Öffentlichkeit ins Bewusstsein zu rufen, dass dieser 60%-Schwellenwert ein subjektiv – um nicht zu sagen willkürlich – gewählter Wert darstellt. Ob, wer weniger verdient, unzureichend für Unsicherheit abgegolten, und wer mehr verdient, ausreichend dafür abgegolten ist, ist eine Werte-Frage und hängt zudem von den übrigen Rahmenbedingungen ab, in denen das betroffene Individuum lebt.

Hinzu kommt, dass – streng wissenschaftlich gesehen – die Orientierung am gesamtschweizerischen Medianlohn in Frage gestellt werden kann. Der Bericht selber kommt zum Schluss, dass gewisse (sprich: die unteren) Bildungsschichten und Branchen überdurchschnittlich von atypisch-prekärer Arbeit betroffen sind. Allgemein bekannt ist aber auch, dass das Lohnniveau in diesen Bildungsschichten und Branchen generell tiefer liegt als anderswo. Eine wissenschaftlich präzise Analyse müsste diesem Umstand Rechnung tragen und sich bei der Ermittlung atypisch-prekärer Arbeitsverhältnisse wenn schon am Medianlohn der betroffenen Bildungsschicht oder Branche orientieren.

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