Personal Swiss 2017 & TALENTPro 2017 Podiumsdiskussion: Der Recruiter – ein bedrohtes Berufsbild?

Im Gespräch mit den drei Recruiting-Experten Viktor Calabrò (CEO Staff Finder), Gianni Raffi (Global Talent Acquisition Manager, Sonova) und Stephan Zirngibl (Leiter Personal, Induserv Gruppe) stellte swissstaffing gestern an der TalentPro seinen Gästen die Frage: Wie sieht das Berufsbild des Recruiters in Zukunft aus? Wird es ihn in 10 Jahren noch geben?

Nicht nur die Digitalisierung, sondern auch weitere Megatrends beeinflussen das HR. Das hat auch Auswirkungen auf die Personaldienstleistung und den Personalberater, als externer Recruiter. Neue Tools werden laufend entwickelt, die einerseits unterstützen, andererseits den Recruiter und das HR vor Herausforderungen stellt. Alles Themen zu denen sich die Podiumsgäste äusserten. Eine Zusammenfassung der spannendsten Fragen und Antworten finden Sie hier im Blog.

Quelle: swissstaffing/ v.l. Viktor Calabrò, Stephan Zirngibl, Julia Bryner, Gianni Raffi

Wie sieht der Beruf „Recruiter" in Zukunft aus?

Gianni Raffi betont, dass Recruiter offen sein müssen für neue Medien. Das System „Post and Pray" werde in Zukunft wohl nicht mehr so einfach funktionieren. Während die Talentsuche wichtiger und komplexer wird, kann auch im internen HR ein Veränderungsprozess staffinden. Er kann sich vorstellen, dass das Recruiting vermehrt durch die Linie ausgeführt wird. Das würde dann den separaten Recruiting Bereich im HR reduzieren und ganz allgemein die Aufgaben von HR, Recruiting und Personaldienstleistung umkrempeln.

Was bedeutet das für den externen Recruiter, den Personalberater?

Viktor Calabrò erklärt, dass sich die Personalberatung verändern wird. Man müsse sich einen Talent-Pool aneignen für die Auswahl geeigneter Kandidaten. Matching-Technologien unterstützen dabei aus der Menge die richtigen Talente auszuwählen. Eine wichtige Strategie sei es die richtigen Spieler mit dem richtigen Team zusammenzubringen. Personaldienstleistung verlagert sich von der Beratung in Richtung Coaching.

Stephan Zirngibl differenziert: Zwar verlagerten sich mehr und mehr Aktivitäten in Richtung Online, auch bei Temporärarbeitenden. Aber insbesondere kleinere Unternehmen wie beispielsweise eine Gärtnerei seien noch nicht so weit. Hier ist das Recruiting nach wie vor ein sehr persönliches Geschäft.

In vielen Bereichen sind die Recruiter aber mit einer neuen Art des Talentmanagements konfrontiert. Digitale Kompetenzen werden immer wichtiger.

Welche Unterstützung ist für das Berufsbild Recruiter wichtig?

Stephan Zirngibl greift das Thema Weiterbildung auf und erklärt die Veränderungen in der HR-Berufsprüfung. Mit der neuen Weiterbildung HR-Fachmann/ HR-Fachfrau wurden die neuen Bedürfnisse aufgenommen. Insbesondere in der Fachrichtung C, derjenigen für die Personaldienstleister wird neu kompetenzorientiert, digital und vernetzt gefördert. Für die Berufsprüfung im Herbst 2017 haben sich bereits 36 Fachkräfte angemeldet.

Welche Megatrends dürfen wir im HR erwarten?

Viktor Calabrò sieht als einer der wichtigsten Trends „New Work". Als Megatrend setzt dieser Flexibilität und Mobilität voraus. Ein weiterer ist die „Silver Society" – Menschen im Un-Ruhestand, vom Druck der Arbeitswelt befreit, mit weniger Verpflichtungen, aber dennoch voll engagiert und motiviert für berufliche Tätigkeiten.

Im Gespräch kommt immer wieder die Sprache auf den Konflikt „Mensch" und „Roboter".

Ist der Beruf Recruiter durch die digitialen Tools und automatisierten Prozesse bedroht?

Gianni Raffi ist überzeugt, dass das semantische Matching zunehmen wird. Und dass Bewerber sich diesen Mechanismen auch mit entsprechenden Keywords anpassen werden. Damit kann zwar die Bewerbungsflut reduziert werden, aber um die richtigen Bewerber am Schluss zu finden, braucht es den Mensch trotzdem.

Während automatisierte Prozesse insbesondere bei der Vermittlung von Kurzzeiteinsätzen helfen, seien diese bei Festanstellungen eher weniger nützlich, so Viktor Calabrò. Modelle wie «Try & Hire» oder «Smarthire» mit flexiblem und bereits produktivem Start, funktionieren da besser.

Stephan Zirngibl hat ebenfalls eine klare Meinung: Erfahrung und Eignung lassen sich nicht immer in findbaren Keywords definieren. Das Persönliche, der Faktor Mensch und das Bauchgefühl bleiben wichtige Kriterien und werden ein Revival erleben.

Die Tipps der drei Recruiting-Experten an das HR-Publikum:

Viktor Calabrò: „Wichtig bleibt bei diesen Veränderungen, offen zu sein und Interaktives auszuprobieren, wirken und anfühlen zu lassen."

Stephan Zirngibl: „Es gibt nicht „einen" Weg. Der Recruiter sollte das KMU und auch den Mitarbeiter nicht vergessen. Schlussendlich sind wir alles Menschen – auf jeder Seite."

Gianni Raffi: „Das A und O im Recruiting der Zukunft ist Netzwerken, Netzwerken, Netzwerken..."