«Als Personaldienstleister unterstützen wir auch die Gesellschaft.»

Die Temporärarbeit. Im Interview mit Heidi Sumi, seit 2.5 Jahren Geschäftsführerin der Köbi Brechbühl AG.

Wie bist du Geschäftsführerin der Köbi Brechbühl AG geworden?

Ich war auf Stellensuche und habe mit der Selbstständigkeit geliebäugelt (lacht). Ich war 13 Jahre bei der Ausgleichskasse tätig und habe danach als Revisorin für tempcontrol gearbeitet. In dieser Zeit habe ich einen guten Einblick in das Personaldienstleistungsbusiness erhalten. Als Revisorin vermisste ich jedoch den Kontakt mit den Menschen sehr. Ich kannte die Brechbühls damals sehr gut und wusste, dass Köbi eine Nachfolge suchte. Und so wagte ich dann den Schritt in die Selbstständigkeit. Um mir auch das theoretische Wissen anzueignen, besuchte ich das Nachdiplomstudium als Personalleiterin. Meine Diplomarbeit habe ich der Rekrutierung gewidmet. Denn die Schwierigkeit heute ist, gute Leute zu finden. An Aufträgen fehlt es nicht.

Verrätst du uns dein Rezept?

Ein guter Auftritt ist die halbe Miete. Ich setzte stark auf Social Media und eine gute Online-Präsenz. Gelebte Fairness im Alltag ist jedoch genauso wichtig. Wir müssen ehrlich und fair sein mit allen Partnern. Es soll ein faires Verhältnis sein; für uns, für unsere Mitarbeitenden und für unsere Kunden. Wir sagen lieber einmal «Nein». Kürzlich mussten wir die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen beenden. Wir möchten dort einfach keine Mitarbeitenden mehr einsetzen. Am Schluss sind alle unglücklich und dann lassen wir es besser bleiben.

Dein schönstes Erlebnis im Beruf...

Es gibt immer wieder sehr schöne Erlebnisse. Besonders wenn man für Personen, die wirklich schwer vermittelbar sind, einen Job findet. Eventuell sogar eine Festanstellung. Ich konnte gerade für einen Mitarbeiter mit Jahrgang 1962 einen Job finden. Zuerst wollte das Unternehmen ihn nicht einmal temporär einstellen. Ich habe mich dann sehr für ihn eingesetzt und er durfte dann zuerst temporär beginnen. Nach drei Wochen haben sie sich bereits entschieden, ihn fest anzustellen. Wenn ich jemandem eine Freude machen kann, ist das mein grösster Lohn.

Hast du auch schon negative Erfahrungen gemacht?

Schlimm finde ich, wenn leere Beschuldigungen im Raum stehen. Mein Ziel ist, den Personen zu helfen. Wenn ein Mitarbeiter mir etwas anderes unterstellt, verletzt mich das sehr. Ich musste bereits einmal auf die Schlichtungsbehörde und fühlte mich wie eine Verbrecherin. Am Schluss stellte sich heraus, dass es nur heisse Luft war. Wir haben es mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun. Das ist eine Herausforderung im Umgang und auch in der Kommunikation. Ungerechtigkeit macht mir zu schaffen. Darum ist mir Fairness im Arbeitsalltag wirklich wichtig.

Wie wichtig ist dabei die Beratung?

Per Handy bin ich praktisch 24h erreichbar. Letztens hatte ich einen Anruf von einem Mitarbeiter an einem Sonntag. Er sollte am Montag einen neuen Job beginnen und war sich nicht mehr sicher, dass er den Job bewältigen kann. Ich konnte ihn dann bekräftigen, dass er für den Job bereit sei und ihn auch aufbauen. Als Personaldienstleister sind wir dafür da, unsere Mitarbeitenden zu unterstützen und zu beraten. Das ist meine Überzeugung. Ich gebe den Personen, die sich bei uns vorstellen auch Tipps. Auch wenn wir gerade keinen Job für sie haben. Zum Beispiel, was sie im Lebenslauf anders machen könnten oder in welche Richtung sie sich noch entwickeln könnten. Klar, dafür zahlt mir niemand etwas, aber es liegt mir am Herzen.

Die Temporärarbeit ist...

jeden Tag eine grosse Herausforderung. Man weiss nie, was an diesem Tag passiert. Es kann zum Beispiel ein Auftrag für einen Mitarbeiter reinkommen. Häufig muss es schnell gehen. Zum Beispiel wenn das Unternehmen einen Ausfall hat. Dann müssen wir schnell agieren und unseren Mitarbeiter-Pool angehen. Der Zeitdruck ist eine grosse Herausforderung. Es können jedoch auch negative Herausforderungen sein, ein Unfall oder ein Mitarbeiter, der nicht zu Arbeit erscheint. Es wird ganz sicher nie langweilig. Temporärarbeit ist ja ein Sprungbrett, um in die Arbeitswelt zu kommen. Wir als Personaldienstleister können so auch die Gesellschaft unterstützen. Damit Personen Fuss fassen können, die es sonst sehr schwer haben. Mit einem temporären Einsatz stehen diese Chancen hoch.

Was gefällt dir an deinem Job besonders?

Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich. Ich habe mit verschiedenen Menschen, Kulturen, Berufen und Firmen zu tun. Und die Bewerber erzählen viele Geschichten...(lacht). Als Geschäftsführerin und Kleinunternehmerin ist es auch organisatorisch sehr spannend – von der Rekrutierung und Beratung zur Buchhaltung und Kommunikation. Und gleichzeitig kann ich viele Menschen unterstützen.

Was würdest du ändern im Arbeitsmarkt, wenn du könntest?

Wir sind häufig konfrontiert mit Altersvorgaben, zum Beispiel «Nicht älter als 40.»
Wenn ich dann einen perfekten Kandidaten habe für den Job, der auch noch sehr fit ist, will das Unternehmen das Dossier nicht einmal sehen, wenn das Alter nicht stimmt. Das finde ich schade. Ich wünschte mir hier mehr Offenheit gegenüber dem Alter. Gerade von den Unternehmen. Ältere Arbeitnehmende sollten besser in den Arbeitsmarkt eingebunden werden und eine Chance erhalten.

Interviewt von Julia Bryner, Leiterin Marketing & Events swissstaffing

Interview mit Heidi Sumi, Personaldienstleisterin. «Als Personaldienstleister unterstützen wir auch die Gesellschaft.» Jetzt das Swissstaffing interview lesen!