BVG-Reform – swissstaffing bezieht Stellung

Die berufliche Vorsorge muss modernisiert und gestärkt werden. Als Branchenverband der Schweizer Personaldienstleister, mit eigener Pensionskasse, unterstützt swissstaffing deshalb eine BVG-Revision und begrüsst grundsätzlich die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrats, welche auf die Sicherung der Renten, die Besserversicherung von Teilzeitarbeitenden und Tieflöhnern sowie die Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt abzielt.

Als Vertreter der Temporärbranche mit rund 400'000 Arbeitnehmenden, einem allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag und einem Anteil von 2,4 Prozent an der Gesamtbeschäftigung hat swissstaffing zur Vernehmlassungsvorlage des Bundesrats betreffend die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Revision) Stellung genommen. Dabei ortet swissstaffing wichtigen Korrekturbedarf mit Blick auf flexible Arbeitsverhältnisse.

Worum geht es?

In der beruflichen Vorsorge besteht aufgrund der demographischen Entwicklung und der Flexibilisierung der Arbeitswelt Handlungsbedarf. Dies steht ausser Frage. Die Renten der beruflichen Vorsorge müssen gesichert, und die zulasten der jüngeren Versicherten erfolgende Umverteilung muss eingedämmt werden. Die Senkung des Mindestumwandlungssatzes ist deshalb unumgänglich.

Ein Blick auf die stetige Zunahme der Flexworker zeigt zudem, dass das bestehende Modell den neuen Arbeitsformen nicht genügend Rechnung trägt bzw. keine genügende Absicherung für flexibel arbeitende Menschen bietet und diesbezüglich veraltet ist. Die Gesellschaft braucht entsprechend eine bessere Absicherung von teilzeitlich, befristet, projektweise oder mehrfach arbeitenden Menschen, welche heute durch die Maschen fallen.

Des Weiteren führt die bisherige Ausgestaltung der Altersgutschriften zu einer erschwerten Stellensuche älterer Erwerbsloser. Um die Arbeitsmarktintegration dieser Personen zu verbessern, ist eine Anpassung der Altersgutschriften angezeigt. swissstaffing ist deshalb der Ansicht, dass das Fundament des BVG stabilisiert und die berufliche Vorsorge allgemein modernisiert werden muss. Daher begrüsst swissstaffing prinzipiell die Vernehmlassungsvorlage und deren verfolgten Ziele.

Unser Anliegen: Koordinationsabzug auf den Stundenlohn umrechnen statt senken

In einem wesentlichen Teilaspekt der Vernehmlassungsvorlage besteht aber – mit Blick auf flexible Arbeitsverhältnisse generell und für Temporärarbeitende im Besonderen – dringender Korrekturbedarf: swissstaffing lehnt eine generelle Halbierung des Koordinationsabzuges ausdrücklich ab und befürwortet stattdessen die Beibehaltung des in der Temporärbranche eigens entwickelten Modells, welches bereits heute eine umfassende soziale Absicherung gewährleistet.

Die Temporärbranche setzt in ihrem BVG-Modell sowohl den Koordinationsabzug als auch die Eintrittsschwelle durch eine Umrechnung auf den Stundenlohn herab. Aufgrund dessen sind nebst Temporärarbeitenden auch Teilzeiter sowie befristet und mehrfach Angestellte im Modell der Temporärbranche sogar umfassender versichert, als es die Vernehmlassungsvorlage vorsieht.

Die Vernehmlassungsvorlage trägt diesem Umstand aber keine Rechnung, was zu einer Doppelbelastung der Temporärbranche führen würde. Die Reformvorlage würde zu exorbitant hohen Kosten für die Temporärbranche führen, und die Altersvorsorge für kurzfristig, befristet und mehrfach Beschäftigte bliebe darüber hinaus auf der Strecke.

swissstaffing beantragt aus diesem Grund, dass die in der Temporärbranche praktizierte Stundenlohn-Umrechnung der BVG-Kriterien (Eintrittsschwelle, Koordinationsabzug) als gleichwertig anerkannt wird zu einer allfälligen Herabsenkung des Koordinationsabzugs.

Demgegenüber unterstützt swissstaffing die in der Reformvorlage vorgesehene sofortige Senkung des Mindestumwandlungssatzes sowie die Anpassung der Altersgutschriften.

Heutige Absicherung von Temporärarbeitenden: Best Practice für die Zukunft

Die Einsatzdauer eines Temporärarbeitenden sowie vieler anderer flexibel Arbeitenden ist bei Arbeitsbeginn häufig nicht absehbar. Damit ist oft unklar, wie ermittelt werden soll, ob die Eintrittsschwelle in die berufliche Vorsorge jeweils erreicht wird. Deshalb hat die Temporärbranche ihr eigenes BVG-Modell entwickelt: Die BVG-Eintrittsschwelle wird auf den Stundenlohn heruntergebrochen und liegt bei tiefen CHF 9.75 pro Stunde. Aufgrund der deutlich höheren Mindestlöhne im GAV Personalverleih erfüllt damit jeder Temporärarbeitende das Kriterium für den Eintritt in die BVG-Versicherung. Beitragslücken aufgrund der flexiblen Beschäftigung werden damit vermieden (Art. 31 GAV Personalverleih). Ebenso wird im BVG-Modell der Temporärbranche der Koordinationsabzug auf die Stunde umgerechnet und beträgt CHF 11.40 pro Stunde.

Temporärarbeitnehmende sind somit unabhängig vom Erreichen der jährlichen Eintrittsschwelle der beruflichen Vorsorge unterstellt und werden folglich klar besser gestellt als die klassischen Arbeitnehmenden nach OR (vgl. White Paper «Flexwork und soziale Absicherung» von swissstaffing), insbesondere wenn diese befristet, teilzeitlich oder mehrfach beschäftigt sind. Diesem Umstand trägt die BVG-Revision in keiner Weise Rechnung.

Mit der Umrechnung der BVG-Kriterien auf den Stundenlohn besteht ein Modell, welches praktikabel ist, eine umfassende soziale Absicherung der Flexworker gewährleistet und sich bewährt hat. Müsste die Temporärbranche wegen der Doppelbelastung, die durch die Halbierung des Koordinationsabzugs entstünde, von der Stundenlohnbetrachtung absehen, führte dies in vielen Fällen zu einer Verschlechterung für die Arbeitnehmenden, weil damit die Herabsetzung der Eintrittsschwelle wegfiele.