Onboarden auf Distanz: Erfahrungen und Chancen

Ist der ideale Mitarbeitende gefunden, wollen Unternehmen vom ersten Moment an positive Eindrücke schaffen. Digitales Onboarding bringt dabei nicht nur Herausforderungen, sondern kann auch eine Chance sein.

Remotes Onboarding ist für viele Unternehmen Realität geworden. Wie sehen Sie das?

Seit Monaten sind unzählige Unternehmen damit konfrontiert, dass die so wichtige erste Phase eines Arbeitsverhältnisses auf Distanz ablaufen muss. Dazu kommen Engpässe bei der Rekrutierung. Grenz- und Ladenschliessungen verstärken die Planungsunsicherheit zusätzlich und lassen die gewohnten Prozesse nicht mehr greifen. Ist der ideale Mitarbeitende gefunden, ist es deshalb umso wichtiger, vom ersten Moment an positive Eindrücke zu schaffen. Ich sehe im remoten Onboarden viele Chancen. Durch die Pandemie werden die nötigen Anpassungen den Unternehmen allerdings aufgezwungen. Das führt kurzfristig zum unangenehmen Gefühl eines Kontrollverlustes.

Was sind die Schwierigkeiten des Onboarden auf Distanz?

Für mich bedeutet remotes Onboarding deutlich mehr als das einfache Verlegen des bisherigen Prozesses in die Onlinewelt. Vielmehr müssen über Jahrzehnte gefestigte Muster aufgebrochen werden. Bisher war die erste Phase des Arbeitsverhältnisses vom Kontakt vor Ort geprägt. Dies ist nun nicht mehr möglich. Die ortsunabhängige Einführungsphase sollte deshalb mit einer ganz neuen Denkweise angegangen und als Chance wahrgenommen werden.

Was meinen Sie damit?

Die Covid-19-Pandemie zwingt Mitarbeitende zu weniger direktem Kontakt. Unternehmerische Ziele müssen dennoch erreicht werden. Dafür müssen neue Wege beschritten werden. Dies ist nur möglich, wenn die ganze Unternehmung enger zusammenrückt – und sei es virtuell. Der Zeit- und Umsetzungsdruck begünstigt die Zusammenarbeit von HR, vielleicht Marketing oder IT, den Kolleginnen und Kollegen der Rechtsabteilung und noch vielen mehr. Damit der Onboarding-Prozess aus dem Homeoffice reibungslos funktionieren kann, braucht es genau diese Abstimmung zwischen den Abteilungen. Ein mögliches «Gärtchendenken» wird aufgebrochen. Das gestärkte Wir-Gefühl ist die Folge davon.

Ich sehe ebenfalls die Chance, die gesamte interne Kommunikation zu optimieren. Denn bei der Auslegung des Einführungsprozesses für neue Mitarbeitende gehen die bestehenden Mitarbeitenden nur zu schnell vergessen. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, alle Mitarbeitende – neue wie auch bestehende – auf eine Reise mitzunehmen. Eine virtuelle Reise kann beispielsweise durch Videos, Interviews oder die unterschiedlichen Firmenstandorte führen. So werden die Werte, Ziele oder Kulturen näher gebracht. Digitalbasiert kann diese Reise auch für künftig eintretende Mitarbeitende genutzt werden. Auf emotionale Art und Weise wird eine Bindung aufgebaut, ohne dass die Mitarbeitenden vor Ort sein müssen. Das ist ein starkes Zeichen im Sinne des Employer Branding.

Stichwort «Employer Branding». Welche Parallelen sehen Sie?

Grundsätzlich ist es schwierig und ungewohnt, ein Zugehörigkeitsgefühl auf Distanz zu schaffen. Die positive Atmosphäre eines Büros virtuell zu transportieren, ist eine Herausforderung. Schafft es die Unternehmung, dass sich neue Mitarbeitende auch im Homeoffice von Beginn an zugehörig fühlen, stärkt dies die Positionierung eines bevorzugten Arbeitgebers. Die Pandemie hat in vielen Branchen auch zu Stellenabbau geführt. In diesen Krisenzeiten sollen sich Mitarbeitende umso mehr wertgeschätzt fühlen. Unser Blogartikel «Employer Branding in Krisenzeiten» zeigt auf, wie ein fairer Umgang in wirtschaftlich und gesellschaftlich anspruchsvollen Zeiten möglich ist.

Sie haben bestehende Mitarbeitende angesprochen. Wie sollen sie in neue Onboarding-Prozesse einbezogen werden?

Nicht nur für neue Mitarbeitende ist eine Einarbeitung auf Distanz mit einigen Herausforderungen verbunden. Wir erleben gerade bei sehr erfahrenen Führungskräften grössere Unsicherheiten, wenn der gewohnte Willkommens-Prozess nicht mehr funktioniert. Konkret müssen auch die bestehenden Mitarbeitenden auf neue Tools und Abläufe trainiert werden. Sie müssen die Prozesse verstehen und können sie bestenfalls mitgestalten. Nur wenn sie sich wohlfühlen, werden sie dieses Gefühl ab Tag 1 auf neue Mitarbeitende übertragen.

Dies gilt genauso für die Personalabteilung. HR ist ein People Business. HR Manager haben ihren Beruf nicht gewählt, um ausschliesslich online mit Kandidaten und Mitarbeitenden zu kommunizieren. Es liegt an uns, diese Ängste ernst zu nehmen.

Welche konkreten Vorzüge bringt remotes Onboarden für unsere Branche?

Ein ortsungebundener Onboarding-Prozess ergibt ganz neue Möglichkeiten bei der Einarbeitung, insbesondere von temporären Mitarbeitenden. Gerade in diesen unsicheren Zeiten greifen Unternehmen vermehrt auf temporäre Anstellungen zurück. Das Onboarden auf Distanz ermöglicht einen noch schnelleren und effizienteren Start, wenn beispielsweise erst geografische Hürden überwunden werden müssen.
Unabhängig von der Corona-Pandemie hatten wir im Interview über «Wandel im Arbeitsmarkt: Soft Skills werden vermehrt gefragt» bereits darüber berichtet, dass jüngere Generationen oftmals flexible Arbeitsmodelle wie Teilzeit oder Temporäreinsätze bevorzugen. Auch hier werden ortsunabhängige Onboarding-Prozesse eine höhere Effizienz und Kostenersparnis bringen.

Wir sehen bereits heute, dass wir als Personaldienstleister unser Know-how für agile Anstellungen verstärkt einbringen können und auch Kunden unsere Unterstützung dabei schätzen. Einfache digitale Lösungen sind ebenfalls stark gefragt und wir bieten diese HR Tools selbstverständlich an.

Wie unterstützen Sie bei Randstad Ihre Firmenkunden?

Wir unterstützen unsere Kunden bei der schnellen Umstellung auf durchdachte remote Onboarding-Prozesse. Je nach Bedürfnis kommen strategische oder operative Hilfestellungen zum Einsatz. Gute Erfahrungen haben wir mit Willkommens-Paketen, digitalen Trainingsplänen oder auch technischen Hilfsmitteln wie der hauseigenen Planungssoftware «Youplan» gemacht. Die positiven Rückmeldungen zeugen von einem Rückgang der Krankheitstage oder einer tieferen Fluktuation.

Wie sehen Sie die Zukunft?

Die Pandemie hat uns gezwungen, unsere Arbeitsweisen zu verändern. Prozessoptimierungen und deren Digitalisierung sind die Folgen davon. Dieser Fortschritt war teilweise überfällig und bringt viele Chancen mit sich. Digitale Meetings verkürzen nachweisbar die Termindauer und bringen häufig eine höhere Effizienz. Neue Mitarbeitende lernen im Homeoffice schnell, aktiv nachzufragen und sitzen weniger unproduktive Zeit ab. Dies kann aber nur funktionieren, wenn sie die benötigten Anlaufstellen erhalten.

In unserer Branche stehen weiterhin Menschen im Mittelpunkt. Es ist an uns, die positiven Aspekte in die Zukunft zu transportieren und sie aktiv zu gestalten. So stehen uns spannende Möglichkeiten bevor, die wir nur zu gerne angehen.

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