Tun Sie jetzt, was Ihrer Seele guttut

Unser Leben hat sich radikal verändert: Aus der Zweipoligkeit «Leben und Arbeiten» ist ein Dreieck geworden. Die dritte Herausforderung besteht darin, mit gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen von Corona umzugehen. Wie können wir unser Leben durch eine Krise steuern und uns immer wieder entspannen?

Florence (38) arbeitet bei einem Grossverteiler im Verkauf. Ihre Arbeitsbedingungen und Aufgaben änderten sich während des Lockdowns im Stundentakt: Rayons im Non-Food-Bereich absperren, Kundinnen und Kunden bei Lieferengpässen beruhigen, beziehungsweise am Absperrband mit gewünschten Artikeln versorgen und zwischendurch die Aufsicht bei der Desinfektionsstelle übernehmen. Florences Kinder, beide im Schulalter, waren während der Schulschliessung zu Hause. Bevor Florence am Morgen zur Arbeit ging, stellte sie ihnen Frühstück und Lunch bereit, ab 16 Uhr übernahm ihr Mann die Betreuung, der wegen der Kurzarbeit früher nach Hause kam. Oft musste dann der Schulstoff aufgearbeitet werden, der die Kinder alleine überfordert hatte.

Jorge (44) ist bei einem Personalverleiher angestellt und temporär auf einer Baustelle beschäftigt. Seinen Lohn erhält er wöchentlich. Da seine Frau nur noch wenige Stunden im Reinigungsdienst tätig ist, sind die vier Schulkinder zu Hause zwar gut betreut, allerdings ist die finanzielle Situation angespannt. Jorge macht sich häufig Sorgen um die Existenz seiner Familie. Was ihn zusätzlich beschäftigt, ist die Versorgung seiner Eltern und Schwiegereltern in Portugal. Sein Vater ist gesundheitlich angeschlagen.

Letizia (52) ist Primarlehrerin und liebt den lebhaften Kontakt mit ihren Schülerinnen und Schülern. Von ihrem eigentlichen Beruf ist während der Schulschliessung wenig übriggeblieben. Sie übermittelt den Kindern Aufträge digital, kümmert sich um Familien, deren technische Infrastruktur für den Fernunterricht nicht ausreicht und beruhigt Eltern, die sich bei ihr beschweren, weil sie sich Sorgen um die Schullaufbahn ihrer Töchter und Söhne machen.

Die drei Beispiele zeigen: Der Alltag der meisten Menschen hat sich radikal verändert. Während einige weit mehr als vor der Corona-Phase arbeiten und sich dabei allmählich erschöpfen, dürfen andere ihren geliebten Job nicht ausüben. Während manchen vor Langeweile die Decke auf den Kopf fällt, finden andere im Trubel des Familienlebens kaum eine ruhige Insel. Und während Einzelne dank Digitalisierung die Geschäfte ihres Lebens machen, bangen andere in schlaflosen Nächten um ihre Existenz. Vor dem Hintergrund dieser Unterschiede gibt es derzeit kein allgemeingültiges Rezept für eine erfolgreiche Life-Work-Corona-Balance. Das Geheimnis liegt vielmehr darin, sich im Alltag ganz persönliche Inseln der Entspannung zu gönnen. Überlegen Sie sich, was Ihnen heute guttut, und denken Sie etwas weniger als sonst an Morgen.

Denken Sie jetzt ruhig etwas kurzfristiger.

Florence findet Entspannung in der Natur. Weil sie ihre Kinder gut betreut weiss, geht sie abends jeweils zu Fuss nach Hause und wählt den Weg durch ein ruhiges Waldstück. Sie geniesst die Frühlingsstimmung und kann dabei durchatmen und die Eindrücke des Tages loslassen. Die Zeit alleine tut ihr gut. Sie erinnert sich daran, dass sie es bereits als Mädchen geliebt hat, sich regelmässig alleine in die Natur zurückzuziehen.

Jorge spürt, dass er den quälenden Gedanken nach der Arbeit am besten ausweichen kann, indem er etwas für seine Sinne tut. Er hat ein altes Kochbuch ausgegraben, mit Rezepten, die ihn an seine Kindheit am Meer erinnern. So kauft er auf dem Heimweg jeweils die entsprechenden Zutaten ein und kocht seiner Familie ein leckeres Abendessen. Düfte und Farben tun ihm gut.

Letizia hat sich entschieden, ihren PC und ihr Handy mindestens zweimal täglich auszuschalten, meist über Mittag und am Abend. Dann setzt sie sich an ihr geliebtes Klavier und lässt ihrer Fantasie freien Lauf. Bereits während ihrer Studienzeit konnte sie sich auf diese Weise entspannen und neue Kräfte sammeln. In den letzten Jahren benutzte sie ihr Klavier nur noch, um Lieder für die Schule vorzubereiten. Nun entstehen wieder wie früher eigene Melodien und kleine Kompositionen.

Leihen Sie sich eine Strategie aus Ihrer Kindheit.

Welchen Beitrag können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber derzeit leisten?

Selbstverständlich gelten die Anregungen auch für Führungskräfte sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Tragen Sie Ihrer Seele viel Sorge und tun Sie sich Gutes. Um zudem die Balance Ihrer Mitarbeitenden zu unterstützen, haben Sie eine ganze Reihe konstruktiver Möglichkeiten:

  • Erlauben Sie Ihren Mitarbeitenden zusätzliche Ruhepausen.
  • Gestehen Sie ihnen bezüglich Kleidung, Ernährung, Musik oder Gestaltung des Arbeitsplatzes spezielle Freiräume zu.
  • Führen Sie nach Möglichkeit flexible Arbeitszeiten ein.
  • Achten Sie auf die Stimmung am Arbeitsplatz und leben Sie Freundlichkeit, Wertschätzung sowie Hilfsbereitschaft vor.
  • Fördern Sie Fröhlichkeit und gemeinsames Lachen.
  • Fragen Sie Ihre Mitarbeitenden mit der gebotenen Sensibilität, wie es Ihnen zu Hause geht, und wie Sie sie am besten unterstützen können.

Mit einem positiven Wir-Gefühl lassen sich anspruchsvolle Momente weit erfolgreicher bewältigen als mit Druck und Anspannung.

Gestehen Sie Ihren Mitarbeitenden mehr Freiräume zu.

Und was können HR-Dienstleisterinnen und HR-Dienstleister tun?

Personaldienstleisterinnen und Personaldienstleister sind mit neuen Voraussetzungen konfrontiert, die Bedürfnisse zahlreicher Kundinnen und Kunden haben sich in den letzten Monaten markant verändert. Viele verhalten sich bezüglich Neubesetzungen zurückhaltend. Sie benötigen Zeit, um die ungewohnte Lage zu analysieren. Manche haben Kurzarbeit angemeldet. Dies belastet die Stimmung in vielen Teams. Für uns besteht die Chance darin, empathisch Beziehungen zu pflegen, das Gespräch zu suchen und Führungskräften sowie Unternehmerinnen und Unternehmern aufmerksam zuzuhören. Es geht darum, herauszuhören, ob und wo Entlastung gefragt ist. Möglicherweise bestehen unsere Dienstleistungen in den kommenden Monaten in Online-Führungs- oder Teamcoachings, in der Begleitung von Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitergesprächen, in der konzeptionellen Anpassung von Personal- oder Salärstrategien im Auftrag eines Unternehmens oder in der Organisation eines Weiterbildungsanlasses für Teams oder Abteilungen. Kreativität, Agilität und die Fähigkeit zu disruptiven Veränderungen sind aktuell viel intensiver gefragt, als wir es uns noch vor kurzem hätten vorstellen können. Nutzen wir diese Chancen und entwickeln wir uns noch stärker zu kompetenten und flexiblen Partnerinnen und Partnern an der Seite unserer KMU. Indem wir unkompliziert Hand bieten, unterstützen wir die Life-Work-Corona-Balance aller Beteiligten.

Geben Sie als HR-Profi jetzt weniger Tipps und hören Sie intensiver zu.

Zusammenfassend: Überlegen Sie sich, wie Sie frühere Herausforderungen in Ihrem Leben gemeistert haben und greifen Sie auf diese Strategien zurück. Tun Sie jeden Tag etwas, das Ihrer Seele guttut, auch wenn Sie nur einige Minuten dafür Zeit haben. Stärken Sie als Arbeitgeberin beziehungsweise Arbeitgeber die Bewältigungsstrategien Ihrer Mitarbeitenden, indem Sie Ihnen Freiräume zugestehen, wertschätzend kommunizieren und Momente des gemeinsamen Lachens ermöglichen. Unterstützen Sie als Personaldienstleistende die Unternehmen und das Personal, indem Sie das Gespräch suchen und für Anliegen und Befindlichkeiten ein offenes Ohr bieten.

Ich wünsche Ihnen dabei Gesundheit und Erfolg in jeder Beziehung.

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