Personalplanung in Zeiten der Pandemie

Wie gelingt eine erfolgreiche Personalplanung in instabilen Zeiten wie diesen?

Die Massnahmen zur Pandemiebekämpfung haben die Temporärbranche vor zahlreiche Herausforderungen gestellt. Zwar sind es unsere Agenturen gewohnt, unter Zeitdruck zu arbeiten. Das Dringlichkeitsgefühl hat sich angesichts der jüngsten Ereignisse jedoch weiter verschärft. Viele Kunden mussten beispielsweise ganze Teams in Quarantäne schicken, weil ein Mitarbeitender positiv auf Covid-19 getestet worden war. Folglich mussten viele unserer Agenturen temporär Teams zusammenstellen, die in der Lage waren, die Arbeit jener in Quarantäne zu übernehmen. Das kam sehr oft in den Bereichen medizinische Versorgung, Logistik und Lebensmittelproduktion vor.

Mit welchen Angeboten können Personaldienstleister Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten unterstützen?

Die Konjunkturaussichten sind nicht absehbar. Daher greifen viele Unternehmen zunächst eher auf temporäre Arbeitskräfte zurück, anstatt Festanstellungen sofort in Betracht zu ziehen. Wenn sich die Wirtschaftslage verbessert, bieten Unternehmenskunden vielen Temporärangestellten in einer zweiten Phase eine Festanstellung an. Man sollte nicht vergessen, dass statistisch gesehen mehr als 80 Prozent aller Temporärarbeitskräfte innerhalb von 18 Monaten nach ihrem ersten Einsatz eine Festanstellung angeboten bekommen. Die verbleibenden 20 Prozent – insbesondere junge Menschen – bevorzugen Temporärarbeit, da sie dadurch beispielsweise Arbeit und Studium oder auch Arbeit und Freizeit miteinander vereinbaren und an ihren eigenen Zeitplan anpassen können.

Wie stellen Sie als Personaldienstleister trotz der schwierigen Umstände einen professionellen Onboarding-Prozess sicher?

Während der strengsten Lockdown-Phasen konnten unsere Agenturen ihre Kandidaten und Temporärarbeitskräfte nicht mehr persönlich vor Ort empfangen, was sowohl für sie als auch für unsere Berater sehr beschwerlich war. Denn es ist äusserst frustrierend, wenn man Kandidaten ohne persönliches Treffen beurteilen muss. Glücklicherweise konnten unsere Berater dank unserer Informatiksysteme sofort im Homeoffice weiterarbeiten und dabei auf alle ihre Systeme und Daten zugreifen. So kam es zu keiner grossen Verlangsamung unseres Arbeitstempos und die Bewerbungsgespräche konnten per Videokonferenz durchgeführt werden. Dabei haben wir festgestellt, dass einige Kandidaten diese virtuellen Vorstellungsgespräche geschätzt haben, da sie so teilweise lange Anfahrtswege vermeiden oder sogar schneller verfügbar sein konnten. Trotzdem würde ich nicht so weit gehen, zu sagen, dass wir Gefallen an der Situation finden. Der Mensch steht im Zentrum unserer Tätigkeit, und Menschen treffen sich grundsätzlich lieber persönlich, als sich nur auf dem Bildschirm zu sehen.

Inwiefern müssen sich Temporärarbeitende an die veränderte Lage anpassen?

Temporärarbeitende sind von Natur aus ziemlich flexibel und viele von ihnen schätzen die neuen Erfahrungen in unterschiedlichen Arbeitsumfeldern. Für sie bestand die grösste Herausforderung darin, an unsere Unternehmenskunden vermittelt zu werden, ohne das normale Anstellungsverfahren zu durchlaufen. Es ist nicht einfach, mit neuen Arbeitskollegen zusammenzuarbeiten, deren Gesichter man nie ohne Maske gesehen hat. Auch das gemeinsame Mittagessen mit den Kollegen, das oft eine wichtige Gelegenheit für Austausch ist und bei Temporärarbeitskräften für ein starkes Zugehörigkeitsgefühl sorgt, gestaltet sich schwierig.

Eine weitere, durch die aktuelle Lage bedingte Anpassung war die Notwendigkeit, eine Reihe unserer Ausbildungsprogramme so abzuwandeln, dass wir sie im E-Learning-Modus weiterführen konnten. Glücklicherweise war die Technologie vorhanden, aber es war trotzdem eine enorme Herausforderung, weil wir sehr schnell handeln mussten. Einige Lehrgänge wie Arbeitssicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz konnten nicht verschoben werden, da diese Themen in Branchen mit erhöhtem Unfallrisiko, wie zum Beispiel im Bauwesen, zwingend behandelt werden müssen.

Gibt es Ihrer Meinung nach Entwicklungen, die die Branche langfristig verändern werden?

Die digitale Transformation wurde in unserer Branche durch die Notwendigkeit, das Social Distancing einzuhalten, sich nicht persönlich treffen und auch die Kandidaten nicht in der Agentur empfangen zu können, stark beschleunigt. Es zeigt sich, dass das ziemlich gut funktioniert. Auf lange Sicht habe ich aber noch einige Zweifel am Potenzial der Digitalisierung. Denn die direkte Folge davon ist, dass man weniger zwischenmenschliche Kontakte hat. Und der Mensch ist ein geselliges Wesen, dessen Bedürfnis nach sozialen Kontakten nicht zu unterschätzen ist – was die anhaltenden Lockdown-Massnahmen immer deutlicher zeigen!

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